Alica

„Endlich kümmert sich jemand um Alica.“ – Alicas Eltern erzählen von den Stationen auf dem schwierigen Weg ihrer Tochter Alica (5 Jahre alt), die mit einem Hämangiom geboren wurde.

 

Das Video, welches mir Alicas Eltern zeigen, schockiert: Wie rote Tränen läuft das Blut über das Gesicht der kleinen Alica. Das Blut kommt aus ihrem Hämangiom über dem Auge. Es konnte plötzlich passieren. Aus diesem Grund war Alicas Mutter nie gerne in der Öffentlichkeit mit ihrer Tochter. Die Blicke und Fragen der Leute waren schon ohne Blut unangenehm. Sie begegneten den Eltern mit Mitleid oder machten ihnen gar Vorwürfe. In der Slowakei, der Heimat von Alica und ihrer Familie, werden Menschen mit Auffälligkeiten oder einer Behinderung noch stärker stigmatisiert als in der Schweiz, meint Frau P. „Das Aussehen ist dort sehr wichtig.

 

Die Ärzte in der Slowakei versuchten, die Eltern zu beruhigen und sagten, das Blut sei normal. Sie verschrieben Alica Medikamente, welche die Blutungen stoppen sollten. Aber die Eltern befriedigte das nicht. „Wenn dein Kind immer müde ist und es vorkommt, dass plötzlich Blut über sein ganzes Gesicht läuft, dann denkst du nicht einfach, dass es normal ist.“ Sie informierten sich im Internet, lasen über Hämangiome und Behandlungsmöglichkeiten. Dabei stiessen sie auf die Lasertherapie, welche in der Slowakei bei Hämangiomen aber nicht angewandt wird. Deshalb reiste Frau P. mit ihrer Tochter nach Wien. Zweimal wurde das Hämangiom im Spital behandelt. Bezahlen mussten sie alles selber. Das war zu teuer. Die Eltern waren auf die Unterstützung von Familie und Freunden  angewiesen. „Das Resultat war aber nicht wirklich befriedigend“, sagt Frau P. Ein weiterer Misserfolg, eine weitere Strapaze im Leben des kleinen Mädchens.

 

Es war der slowakische Arzt, der Frau P. schliesslich auf die Idee brachte, mit Alica in die Schweiz zu reisen, wo Alicas Vater bereits seit einiger Zeit arbeitete. Obwohl der Vater nicht in der Slowakei war, unterstütze er die Mutter in der turbulenten Zeit, wo er konnte. Er ermutigte sie am Telefon, nicht aufzugeben. Den Entscheid, die Slowakei zu verlassen, ist Frau P. nicht einfach gefallen. „Aber mein Mann und ich wünschten uns so sehr, dass Alica endlich jemand hilft.“

 

Die Hilfe in der Schweiz war da. Aber das Vertrauen in die Ärzte hatte durch die negativen Erfahrungen der vergangenen Jahre gelitten. Es fiel Alicas Eltern schwer, dieses wieder aufzubauen. Plötzlich sollten sie einem Arzt vertrauen, wenn er sagt, die Medikamente können abgesetzt werden, obwohl Ärzte in der Slowakei vorher immer gesagt hatten, die Medikamente seien wichtig für Alica, damit das Hämangiom nicht blute. Aber langsam konnte die Familie das Vertrauen aufbauen und viele positive Erlebnisse stärken es bis heute weiter. Eine wichtige Rolle spielt auch die Kulturdolmetscherin, welche der Familie seit dem ersten Spitalbesuch, und auch heute noch, zur Seite steht und hilft, sprachliche und kulturelle Grenzen zu überwinden.

 

Unterdessen besucht Alica in der Schweiz den Kindergarten. Es gefällt ihr gut und die anderen Kinder mögen sie. Ihr Hämangiom sieht man nicht mehr. Das betroffene Auge ist bloss noch etwas kleiner als das andere. Mit der weiteren Behandlung wird nun aber gewartet, bis Alica grösser ist. Die Familie ist glücklich, dass sie nach dem langen Weg endlich angekommen ist. Trotzdem: Ein Geschwisterchen für Alica kann sich ihre Mutter nicht vorstellen. Zu gross ist ihre Angst, dass sie all das mit einem zweiten Kind nochmals durchmachen müsste. Die Spitalbesuche, die unangenehmen Fragen von neugierigen Leuten. Davor hat die Mutter bis heute grossen Respekt.

(Text: Noemi Landolt, 2014; Fotos: Valérie Jaquet)

 

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  1. Brisa sagt:

    Amazing how we mothers go through the same things, I still feel the looks on with my daughter, plus she is so happy that infects me, his story has sad moments, but with a happy ending, congratulations beautiful daughter

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