Jasmin

Jasmin ist ein lebendiges, offenes, zwölfjähriges Mädchen. Sie ist in ihrer Freizeit ununterbrochen in Bewegung. Neben Karateunterricht mehrmals in der Woche, fährt Jasmin Inline Skates, Longboard und Skateboard und ihr grösster Wunsch ist es, ein Freestyle-Trottinett zu bekommen. Zudem zeichnet und bastlet sie gern. Jasmin wohnt in einem grossen Haus, gemeinsam mit ihren Eltern, den Grosseltern, ihrem Bruder, zwei jüngeren Cousinen und deren Eltern. In einer so grossen Familie sei immer etwas los, Jasmin werde es nie langweilig. Das findet sie cool!

 

Einmal, als sie noch im Kindergarten gewesen sei, habe Jasmin im Sommer weisse Flecken an ihren Knien und rund um ihre Augen bemerkt. Ärzte haben ihr erklärt, dass diese weissen Hautflecken Zeichen einer Erkrankung namens Vitiligo sind. Dies sei aber überhaupt nichts Schlimmes. Vitiligo ist eine Hauterkrankung, bei der weisse Flecken an der Haut auftreten, die aufgrund des Verlustes von sogenannten Pigmentzellen entstehen.

 

Anfänglich haben die weissen Flecken Jasmin ein bisschen gestört. Es sei damals für alle etwas Neues und Unbekanntes gewesen. Darum habe sie etwas Zeit gebraucht, um die Erkrankung zu akzeptieren und einen persönlichen Umgang damit zu finden. Mittlerweile wissen aber alle in der Familie und auch in der Schule, was die weissen Flecken sind und es stört sich niemand daran. Wenn jemand zum ersten Mal die Flecken sieht, erklärt Jasmin dem Gegenüber, woher diese kommen. Älteren Kindern und Jugendlichen erzähle Jasmin jeweils, dass die hellen Flecken ähnlich wie Narben seien. Für jüngere Kinder habe Jasmin eine andere, phantasievolle, Geschichte erfunden: Sie erzähle, sie habe ganz viele kleine Männchen auf der Haut (die Jasmin mit Nummern benennt), die gern mit weisser Farbe malen und manchmal die Farbe ganz ausleeren.

 

Jasmin habe über die Jahre hinweg viele lustige Situationen erlebt. So haben einmal im Sommer Kinder in der Schule gemeint, Jasmin habe sich rund um die Augen geschminkt. Jasmin habe es amüsant gefunden, als kleines Mädchen den älteren Kindern zu erklären, dass die weissen Flecken kein Make-up sind.

 

Jasmin geht heute entspannt mit ihrer Erkrankung um. In diesem Prozess habe ihr der Austausch mit zwei Personen, die auch Vitiligo haben, geholfen. Diese seien einerseits die Mutter einer Freundin und anderseits eine Apothekerin, die sie zufällig kennengelernt habe.

 

Anderen Kindern und Jugendlichen mit Vitiligo wünsche Jasmin, dass sie auch merken, dass Vitiligo nichts Schlimmes ist und dass man die weissen Flecken nicht zwingend ‘weg machen’ muss. Vielmehr findet Jasmin, dass jeder Mensch einzigartig ist und dass man diese Einzigartigkeit begrüssen soll. Als Tipp für andere Betroffene empfiehlt Jasmin, dass man sich gut überlegen soll, wie man Vitiligo anderen Kindern erklären kann. Und der Austausch mit anderen Betroffenen findet Jasmin auch sehr hilfreich.

 

 

 

Text: Paola Keller, Assistenzpsychologin, Kinderspital Zürich, 2020

Fotos: Barbora Prekopova, Fotografin, Kinderspital Zürich

 

Weiterführende Links

 

  1. Eva Hörtnagl sagt:

    Eine Geschichte, die Mut macht!
    Als Oma eines 12-jährigen Jungen, der auch an Vitiligo erkrankt ist, mache ich mir natürlich große Sorgen.
    Ich möchte ihm gerne helfen und kann nur hoffen, dass er annähernd so stark ist wie Jasmin. Vielleicht hilft ihm die Geschichte von Jasmin.

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