Michelle«Sie lachen mich aus, weil ich anders bin, ich lache über sie, weil sie alle gleich sind.» – Kurt Cobain
Michelle erlitt mit 1.5 Jahren eine Meningokokkensepsis, bei der mehrere ihrer Organe stark geschädigt wurden. Michelle ist unterdessen 19 Jahre alt. Sie hat einen grossen Teil ihres Lebens im Kinderspital in Zürich verbracht. Bereits zwischen 40-50 Operationen hat sie gehabt und über 120 Narkosen.
Durch die Sepsis wurden viele ihrer Organsysteme angegriffen, sie bekam Löcher in ihren Knochen und viele andere Organe wurden zerstört. Heute sind all ihre Organe zum Glück wieder voll funktionsfähig und auch ihr Gehirn war nie von Schäden betroffen. Jedoch ist ihr rechter Unterarm verkürzt und am rechten Fuss mussten drei, am linken Fuss zwei Zehen entfernt werden. Ihre Füsse sind nur ca. 10-15cm gross, was zu ihrer Grösse nicht ganz proportional ist. Zudem sind die Füsse ziemlich deformiert und ihre Fussgelenke sind ganz steif, weshalb sie nicht abrollen kann. Dies verleiht Michelle ein nicht ganz normales Gangbild, sie ist aber froh, dass sie überhaupt gehen kann. Zur Unterstützung hat sie momentan noch Schuheinlagen, ev. wird in Zukunft auch ein Kunstfussersatz eine Option bieten.
Am meisten stört sich Michelle an ihren Zähnen, die durch die vielen Medikamente etwas kaputt gegangen sind und an den Narben auf der Haut. Die Narben betreffen ihre Beine, Arme, Rücken und auch etwas das Gesicht. Aufgrund dieser Hautauffälligkeiten werde sie von anderen immer wieder angestarrt. «Man gewöhnt sich ein Bisschen daran, aber dieses ständige Angestarrt werden ist schon lästig und manchmal habe ich immer noch etwas Mühe damit», so die 19-Jährige.
Wenn sie sich ans Kinderspital Zürich zurückerinnert, dann vor allem an all die netten Leute am Zentrum für brandverletzte Kinder und Jugendliche. Sie schätzt das hohe Engagement des Teams.
In ihrer Freizeit ist Michelle leidenschaftliche Filmesammlerin. Mittlerweile besitzt ihre Sammlung über 400 Filme. Der Film «Wonder» gehöre zu ihren Lieblingsfilmen. Auch Lesen und das Freihandzeichnen mag sie gerne. Fotos der Zeichnungen postet sie auch auf ihrem Instagram-Kanal (@michelle_zeichnungen).
In die Badi geht Michelle nicht mehr gerne. Kleine Kinder können manchmal zu grausam sein, so wie einmal, als ihr direkt jemand direkt ins Gesicht sagte: «Boah, du gsehsch ja richtig hässlich us!» Aber es sind nicht nur die Kinder, in der Stadt werde sie durch ihre diverse Gangart von Menschen unterschiedlichster Altersklassen angestarrt. Mittlerweilen getraut sich Michelle auch in Trägershirts herumzulaufen – zwar noch nicht in kurzen Hosen, aber Trägershirts seinen ganz okay.
Am liebsten mag es Michelle, wenn die Leute sie einfach normal behandeln und direkt auf sie zukommen und fragen, was sie habe. «Es spielt mir keine Rolle, ob dreimal gefragt wird oder nur einmal und es dann wieder vergessen geht. Aber starrt mich einfach nicht so an!».
Heute macht Michelle eine Lehre zur Kauffrau im sozialen Bereich. Ihre Mutter habe viel zu dem Menschen beigetragen, der sie heute ist. Sie habe sie über all die schwierigen Jahre begleitet und ihr gezeigt, was es heisst, sich selbst zu lieben. Ausserdem hat Michelle schon so viel geschafft, dass sie auch ihre Träume Schauspielerin, Synchronsprecherin oder Psychologin zu werden nicht aus den Augen verlieren will. Auch als Motivationsrednerin sieht sie sich in der Zukunft. Sie möchte anderen Menschen aufzeigen, dass Menschen mit Narben ganz normal sind. «Wir haben vielleicht das eine oder andere, das wir nicht können. Aber wenn wir sagen, dass wir etwas probieren wollen, dann lasst es uns probieren.»
Heute weiss Michelle: «Ich habe Narben. Aber schlussendlich trage ich sie mit Stolz, da ich weiss, was diese Narben alles bedeuten.»
(Zeichnung: Michelle, 2020 / Text: Isabel Sahli, 2022) Weiterführende Informationen
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Wow, so ein toll geschriebener Bericht! Ich kenne euch Beide noch vom Kispi und wünsche euch von Herzen alles Gute für die Zukunft. Ihr seid zu zwei mutige, schöne, jungen Frauen herangewachsen.
Viel Glück auf eurem weiteren Weg!
Anita Schneider