Iris Zikos

«Damals und heute» – Ein Blick auf die Entwicklung des Zentrums für brandverletzte Kinder

1978, ein Jahr nach der Eröffnung des Zentrums für brandverletzte Kinder am Kinderspital Zürich, startete Iris Zikos dort ihre Tätigkeit als Pflegefachfrau. 1981 übernahm sie die Stationsleitung. Seither hat sie einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung des Zentrums beigetragen. Im Januar 2019 – nach über 40 Jahren – wird sie pensioniert und eine lange Zeit am Kinderspital geht zu Ende. Heute blickt sie zurück und erzählt uns, was sie in dieser Zeit erlebte und wie sich das Zentrum für Brandverletzte entwickelt hat.

Wenn Iris Zikos zurückdenkt, an den Beginn des Zentrums für Brandverletzte, fällt ihr vieles auf, was sich geändert hat. So erzählt sie, dass damals die Hygienevorschriften viel strenger gewesen seien. Vor 40 Jahren sei das Zentrum für Brandverletzte mit einer Schleuse von der Nachbarstation getrennt gewesen. «Alle, die unsere Station besuchten, mussten eine Überschürze anziehen. Es wurde ein enormer Aufwand betrieben, um sämtliche Bett- und Nachtwäsche zu sterilisieren.» Mit der Zeit habe man aber festgestellt, dass die generellen Hygienemassnahmen des Spitals im Normalfall ausreichen. Diese Erkenntnis habe eine grosse Erleichterung gebracht.

 

Auch die Besuchszeiten haben sich stark verändert. Zu Beginn waren diese nur von 14-19 Uhr. Vor ca. 20 Jahren sei dann entschieden worden, dass die Eltern beim Kind bleiben dürfen. In der Zwischenzeit ist die Möglichkeit der elterlichen Anwesenheit, auch nachts, zur Selbstverständlichkeit geworden. «Durch die Tatsache, dass nun häufig während 24h ein Elternteil anwesend ist, hat sich eine enge, sich gegenseitig unterstützende Zusammenarbeit zwischen Eltern und Pflegepersonal ergeben.» Durch diese Entwicklung habe sich auch das Verhältnis zwischen Pflegenden und Patienten verändert. Häufig würden die alltäglichen Verrichtungen wie Unterstützung beim Essen, Zähneputzen etc. durch die Eltern übernommen und das Pflegepersonal müsse aufpassen, dass es nicht nur durch Unangenehmes im direkten Kontakt mit den Patienten sei. Früher sei die Atmosphäre familiärer gewesen. Die Patienten hätten gemeinsam am Tisch gegessen, man habe mit ihnen gespielt, sie zu Bett gebracht und Geschichten vorgelesen. «Heute machen dies die Eltern. Die Pflegenden sind mit medizinaltechnischen Verrichtungen und der viel aufwändigeren Dokumentation beschäftigt.»

 

Eine wichtige Entwicklung betrifft das Schmerzmanagement und das Vorgehen bei Verbandwechseln. Bis vor ca. 10 Jahren habe man die meisten Verbandwechsel, die häufig sehr schmerzhaft waren, noch ohne Narkose gemacht. Dies sei für alle Beteiligten schwierig gewesen: Für die Kinder, die Eltern, die nicht dabei sein durften, und auch für die Pflegenden, die diese Aufgabe ausführen mussten. Man habe schon damals versucht, die Verbandwechsel für das Kind angenehmer zu gestalten durch Ablenkung mittels Musik, Hörspielen oder Comicfilmen. Dies habe jedoch nur geringe Erleichterung verschafft. «Heute macht man die Verbandwechsel meist unter Narkose und die Eltern dürfen dabei sein, bis ihr Kind schläft. Das ist sicherlich eine bessere Lösung.» Einen Nachteil gäbe es aber: «Die Kinder werden erst gegen Ende der Hospitalisationszeit mit dem Anblick ihrer Wunde konfrontiert. Sie können somit den Heilungsverlauf weniger gut mitverfolgen und dadurch weniger nachvollziehen, warum sie so lange im Spital bleiben müssen.»

 

Ein grosses Plus am Zentrum für Brandverletzte sieht Iris Zikos in der eingespielten interdisziplinären Zusammenarbeit. Bei der Patientenversorgung seien Ärzte, Pflegende, Ergo- und Physiotherapeuten, Psychologen, Sozial-, Ernährungs- und Pflegeberatung sowie Lehrpersonen involviert. «In der Behandlung von Patienten mit komplexen Hautverletzungen ist es ganz wichtig, dass man miteinander arbeitet und einen guten Austausch pflegt.» In wöchentlichen Sitzungen werden Probleme und Fortschritte der Patienten von jeder Disziplin erläutert und neue Ziele gesetzt.

 

Auch die Vernetzung von Betroffenen sei dem Zentrum für Brandverletzte immer wichtig gewesen. Während 13 Jahren habe das Zentrum jährlich ein Lager für ehemalige Patienten durchgeführt. Heute werden im Rahmen der Hautstigma-Initiative diverse Treffen für Betroffene und deren Angehörige organisiert. Treffen und gemeinsame Ausflüge bieten Betroffenen die Gelegenheit, miteinander in Kontakt zu kommen. «Dies ist eine wertvolle Sache, denn dies bietet betroffenen Familien die Möglichkeit sich mit Personen in vergleichbarer Situation auszutauschen.»

 

Zum Schluss erzählt Iris Zikos folgende Anekdote: „Ein brandverletztes Mädchen kam in einem Lager zu mir und fragte, ob es wahr sei, dass ihre Narbe nie mehr weggehen werde. Als ich bejahte, meinte das Mädchen enttäuscht: „Dann kann ich ja gar nie mehr Miss Schweiz werden“.“ In diesem Moment brachte sich ein Lagerleiter, der selbst eine grossflächige Verbrennung hatte, ins Gespräch: «Du das ist doch egal, es gibt noch viele andere Möglichkeiten, wo man Weltmeister drin werden kann.» Mitzuerleben, wie Betroffene Strategien finden, um mit ihrem Schicksal umzugehen, hat Iris Zikos sehr beeindruckt.

 

Wir danken Iris Zikos für ihren wertvollen Einsatz über all diese Jahre hinweg und wünschen ihr für ihre Zukunft alles Gute!

 

(Interview: K. Clausen, Psychologie-Praktikantin, 2017)

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